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Frauen in der DDR

In diesen Zeitzeugengesprächen befragen Jugendliche drei Frauen zu ihrem Leben in der DDR. Der Beitrag „Lebenslinien – Frauen in der DDR“ wurde von Eva, Pia, Claudia, Michelle und Marie aus Straubing eingereicht.
Von vielen Seiten heißt es, Frauen in der DDR hatten die gleichen Rechte wie Männer und waren daher gleichberechtigt. In vielen Bereichen gilt der DDR-Staat als Vorreiter in Sachen Emanzipation. Wie war es wirklich?

Gleichberechtigung von Frauen und Männern

Nach dem Zweiten Weltkrieg herrschte in beiden Teilen Deutschlands großer Arbeitskräftemangel. Auch die Arbeitskraft von Frauen wurde daher für den Wiederaufbau beider Staaten benötigt. Zusätzlich forderte die sozialistische Arbeiterbewegung in der DDR mehr Emanzipation und Mitbestimmungsrechte der Frau. Im Jahre 1949 wurde ein Gesetz zur Gleichberechtigung von Frauen und Männern in die Verfassung der DDR aufgenommen. Es entstand das sozialistische Frauenbild der DDR, das die Frau als Arbeiterin und Mutter gleichzeitig darstellte. Vor der Wiedervereinigung waren 91 Prozent der Frauen berufstätig. Im Vergleich dazu durften Frauen in der BRD bis 1977 nicht ohne die Zustimmung ihres Ehemannes arbeiten.

Doch wie war es in der Realität? Frauen gingen oft einer beruflichen Tätigkeit im Umfang von 43 Stunden pro Woche nach. Darüber hinaus hatten sie noch viele weitere Aufgaben, denen sie gerecht werden mussten. So waren sie in der Regel allein für den Haushalt und die Kindererziehung zuständig, da Männer dies als leicht zu erledigende Aufgaben ansahen. Gleichzeitig mussten Frauen noch weiteren Pflichten wie Aktivitäten in gesellschaftlichen Organisationen oder bei Weiterbildungen nachkommen. Dadurch erhöhte sich die Arbeitszeit von Frauen auf 93 Stunden in der Woche. Sie waren also gleichzeitig Arbeiterin, Hausfrau, Mutter und Ehefrau. Für Freizeit blieb daher nur wenig Zeit. Im Vergleich dazu arbeiteten Männer rund 59 Stunden in der Woche. Zudem bekamen Frauen im Durchschnitt 30 Prozent weniger Gehalt als Männer und hatten es schwerer im Beruf aufzusteigen. Meist waren sie in typischen Frauenberufen wie z. B. der Pflege oder als Lehrerin beschäftigt.

Vereinbarkeit von Kindern und Beruf

Während der Arbeitszeit konnten Frauen ihre Kinder in die vom Staat zur Verfügung gestellten Krippen oder Kindergärten bringen. Ab 1976 zahlte der Arbeitgeber Frauen während der Schwangerschaft und ein Jahr nach der Geburt ihr volles Gehalt. Dies und auch die Möglichkeit auf einen Haushaltstag pro Woche wurden vom Staat zur Verfügung gestellt, um die Familie mit dem Beruf der Frauen unter einen Hut zu bringen.

Doppelbelastung der Frau

Frauen hatten viele unterschiedliche Verpflichtungen, denen sie nachkommen mussten. Auf der einen Seite waren sie in Vollzeit berufstätig, in Organisationen aktiv und sollten sich bei gesellschaftlichen Aktivitäten engagieren. Auf der anderen Seite mussten sie den Haushalt erledigen und sich um die Familie kümmern. Frauen in der DDR waren daher einer hohen Doppelbelastung ausgesetzt. Dies schlug sich u. a. auch in der im Laufe der Jahre niedriger werdenden Geburtenrate nieder. Im Vergleich dazu waren die meisten Frauen in der BRD in Teilzeit beschäftigt oder Hausfrauen.

Verhütung und Abtreibung in der DDR

In der DDR war die Pille als die „Wunschkindpille“ bekannt und Frauen erhielten sie ab 1972 kostenlos. Viele Frauen nahmen sie, da sie aufgrund der hohen Doppelbelastung von Beruf, Familie und Haushalt keine weiteren Kinder bekommen wollten. Die Folge dessen war die drastische Abnahme der Geburtenrate. Als Reaktion darauf gab es zu Ende der DDR das sogenannte Babyjahr und reduzierte Wochenarbeitsstunden für Mütter, welche zur Stabilisierung der Geburtenrate führen sollten.

Wurde eine Frau ungewollt schwanger, hatte sie ab 1972 innerhalb der ersten zwölf Wochen der Schwangerschaft das Recht, einen Abbruch vornehmen zu lassen. Der Grund für die Verabschiedung dieses Gesetzes vom Staat war die benötigte Arbeitskraft von Frauen. Offiziell wurde der Eingriff als „Schwangerschaftsunterbrechung“ bezeichnet. Trotz der anfangs kritischen Stimmen der Kirche wurde dies mit der Zeit zur Normalität.

Heirat und Scheidung

In der DDR wurde jung geheiratet, was auch vom Staat gefördert wurde. So erhielten zum Beispiel Ehepaare unter 26 Jahre einen Ehekredit oder Kindergeld bei einer Familiengründung. Je mehr Kinder Ehepaare bekamen, desto weniger musste dem Staat zurückgezahlt werden. Ebenfalls hatten verheiratete Paare eine bessere Chance auf eine Wohnung, die sonst nur schwer zu bekommen war.

Wollten sich Ehepaare scheiden lassen, ging dies in der DDR – im Vergleich zur BRD – unkompliziert. Da der Staat nicht religiös war, galt dies nicht als ein Tabu und es waren keine rechtlichen Hürden gesetzt. Für die Vollziehung einer Scheidung musste bewiesen werden, dass sogenannte ernstliche Gründe vorliegen. In den 1980er Jahren wurde jede zweite Ehe geschieden.

Internationaler Frauentag

Aufgrund des vorherrschenden Frauenbildes, welches das Bild einer Arbeiterin, Hausfrau, Mutter und Ehefrau zugleich vermittelte, wurde nach sozialistischem Vorbild der 8. März als internationaler Frauentag gefeiert. Dieser Tag war fester Bestandteil des Jahres, und den Frauen wurde mit Blumen gratuliert. Auch in anderen sozialistischen Ländern wurde dieser Tag ähnlich gefeiert.

Wissenscheck

  1. Welches Rollenbild hatte die Frau in der DDR?
  2. Welcher Belastung waren Frauen in der DDR ausgesetzt und wie verhält es sich heute?
  3. Wie war die Einstellung von Frauen zum Thema Kinderwunsch damals und heute?
  4. Wie wurde mit dem Thema Freizügigkeit und Sexualität von Seiten der Frauen umgegangen?

Weitere Beiträge der Jugendlichen zum Thema Frauen in der DDR

Das Leben in der DDR (Beitrag von: Diyar und Umut)

Dokumente und Materialien

Buchtipp: Anna Kaminsky – Frauen in der DDR
Anna Kaminsky ist in der DDR aufgewachsen und seit 1998 in der Bundesstiftung Aufarbeitung tätig, wo sie Direktorin ist. Sie beschäftigt sich besonders mit der Alltagskultur, Erinnerungskultur und historischen Orten in der DDR. Ebenfalls forschte sie viele Jahre zu dem Thema Frauen in der DDR und veröffentlichte hierzu ein Buch. In diesem geht sie auf die Rollenbilder von Frauen zur damaligen Zeit in Ostdeutschland ein und gibt Einblick in das politische, private und berufliche Leben von Frauen. Auch geht sie der Frage noch, wie es denn nun wirklich mit der Gleichberechtigung und der nach außen kommunizierten Emanzipation von Frauen war.

MDR-Materialsammlung: Frauenalltag in der DDR

Angebote von Museen, Gedenkstätten und anderen Institutionen

Frauenpolitik in der DDR durch die Brillie der „Für Dich“gesehen (Digitales Frauenarchiv)
Frauen in der DDR-Politik (DDR-Museum)
Modezeitschrift „Sibylle“ – Die Vogue der DDR (DDR-Museum)
Wir müssen schreien, sonst hört man uns nicht! Frauenwiderstand in der DDR der 1980er Jahre (Robert-Havemann-Gesellschaft e. V.)
Gedenkstätte Frauenzuchthaus Hoheneck
Aktiivist*innen erzählen von der Frauen/Lesbenbewegung seit 1968 (Berlin in Bewegung)

Quellen:

Deutschlandfunk
Zeitklicks
Scheidung.de
MDR
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