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Partizipation

Der Bürgermeister von Gommern, Jens Hünerbein, wird im Videointerview „Umbruchzeiten in Gommern“ von Svea, Amelie und Emma zu seiner Jugend in der DDR und den Themen gesellschaftliche sowie politische Partizipation befragt.
Partizipation bedeutet, dass sich Menschen aktiv und maßgeblich an allen Entscheidungen beteiligen können, die ihr Leben beeinflussen. Auch bedeutet es, dass Menschen ihre persönlichen Erfahrungen und Wertvorstellungen in die gemeinsame Arbeit einbringen und somit Verantwortung für ihren Erfolg übernehmen. Hierbei sollten alle Mitglieder einer Gemeinschaft die gleichen und wirksamen Beteiligungsrechte haben. Und in der DDR?

Politische und gesellschaftliche Partizipation

Eine Demokratie lebt von der politischen Partizipation der Gesellschaft. Ziel ist es dabei, die individuellen politischen Forderungen kund zu tun, die politische Führung und ihre Tätigkeiten zu kontrollieren und auf diese Weise auf politische Entscheidungen Einfluss zu nehmen. In sozialistischen Staaten, wie auch in der DDR, wird die politische Partizipation von Bürger*innen grundsätzlich gewünscht, jedoch innerhalb der vorgegebenen Doktrin und festgelegten Möglichkeiten. So kennzeichnete sich dies in der DDR durch die Wahlbeteiligung und ein breites Engagement sowie Mitwirkung in Massenorganisationen. Bei Wahlen wurde jedoch indirekt vorgegeben, dass die SED zu wählen war und jegliches abweichendes Verhalten wurde als systemkritisch gedeutet. Bürger*innen konnten sich zwar in sogenannten Massenorganisationen gesellschaftlich einbringen und beispielsweise im demokratischen Frauenbund, der Freien Deutschen Jugend, dem Kulturbund oder der Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe aktiv sein. Doch auch hier wurden die Aktivitäten vom Staat überwacht (z. B. durch das Abhören von Telefongesprächen und das Öffnen von Briefen) und bei auffälligem Verhalten mit Gefängnisarrest bestraft, weshalb man hier keine Meinungsfreiheit im direkten Sinn hatte. Die gesellschaftliche Partizipation wurde auf diese Weise auch vom Staat begrenzt und schränkte viele Bürger*innen in einer freien Lebensgestaltung ein.

Entstehung von Bürgerbewegungen

Ab den Reformen in der Sowjetunion durch Gorbatschow in den 1980er Jahren (Perestroika) gab es in der DDR jedoch einige Änderungen. Bürger*innen formten zusammen Bürgerrechtsbewegungen und protestierten anfangs vor allem für Themen wie Umweltschutz und Frieden. Später kamen weiteren Forderungen hinzu wie die nach politischer Mitbestimmung. In der DDR wurden diese Bewegungen von Besonderheiten begleitet. Zum einen bot die evangelische Kirche den Protestierenden einen besonderen Schutzraum. Zum anderen bekamen viele durch das verbotene Westfernsehen oder Kontakte in den Westen mit, was in anderen Ländern geschah. So wurde auch in der DDR das Verlangen nach mehr Freiheit immer größer und lauter.

Partizipation nach der Wende

Nach der Wende 1989 erhielten alle Bürger*innen in Deutschland die gleichen Rechte und Beteiligungsmöglichkeiten. Neben der Wahl des Bundestages, die alle vier Jahre stattfindet, können sich deutsche Staatsbürger*innen nun durch eine Mitgliedschaft in einer Partei, durch die Teilnahme an einem Bürgerentscheid oder an Bürgerinitiativen beteiligen. Auch gelten das allgemeine Recht auf Versammlung und die Mö glichkeit, Petitionen zu starten. Alle Bürger*innen haben zusätzlich das Recht, sich an anderweitigen und politisch unabhängigen Institutionen, Organisationen und Vereinen zu beteiligen. In der Anfangszeit nach der Wende ließen sich Unterschiede in den Beteiligungsstrukturen von ehemals ost- und westdeutschen Bürger*innen feststellen. Menschen aus ostdeutschen Bundesländern nahmen zu Beginn der 1990er Jahre häufiger an Protesten teil, wohingegen Bürger*innen aus den alten Bundesländern sich zu einem größeren Maße an Bundestags-, Landtags- und Kommunalwahlen beteiligten. Mit den Jahren glichen sich die Verhältnisse in den beiden Bundesländern immer mehr an, wobei auch die Wanderungsbewegungen und neue Thematiken wie Migrationspolitik und Digitalisierungsprozesse eine ausschlaggebende Rolle spielten. Nach wie vor gibt es jedoch Unterschiede in der kulturellen und subjektiven Wahrnehmung der Bürger*innen aus dem Westen und Osten.

Wissenscheck

  1. Welche Möglichkeiten gab es in der DDR, sich politisch und gesellschaftlich zu engagieren?
  2. Wie funktionierte das Wahlsystem der DDR?
  3. Gab es Proteste oder Kundgebungen in der DDR? Wenn ja, zu welchen Themen?
  4. Welche Bedeutung hatte die Kirche in der DDR?
  5. Gibt es heutzutage Unterschiede in der Partizipation der Bürger*innen in Ost und West?

Dokumente und Materialien

Möglichkeiten und Methoden politischer Beteiligung (Friedrich-Ebert-Stiftung) Nahschuss (2021) (Film + Schulbegleitmaterial)

Angebote von Museen, Gedenkstätten und anderen Institutionen

Dokumentationszentrum am Moritzplatz › Der Herbst 89 – Die friedliche Revolution in Magdeburg
Friedliche Revolution (Museum in der „Runden Ecke“ mit dem Museum im Stasi-Bunker, Leipzig)
Friedliche Revolution (LEMO – Lebendiges Museum Online)
Ausstellung „Revolution ist weiblich“ (Archiv Bürgerbewegung Leipzig e. V. )
Keine Gewalt! Revolution in Dresden 1989 (Stadtmuseum Dresden)
Von der Friedlichen Revolution zur Einheit (Deutsches Historisches Museum Berlin)
Revolution Mauerfall Of The Wall (Robert-Havemann-Gesellschaft e. V.) Modulmappe „Friedliche Revolution“ (GRENZHUS Schlagsdorf/Bildungsangebot im Rahmen des Projektes „FREMD? Deutsche Teilungs- und Einigungsgeschichte / Geschichte der SED-Diktatur für Migrant*innen“)

Quellen:

Bundeszentrale für politische Bildung
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
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